Spätestens seit dem Unglück von Fukushima gab es für die deutsche Politik kein Halten mehr. Der Tsunami, der das Reaktorunglück ausgelöst hatte, setzte die sogenannte Energiewende auf die politische Agenda und ließ in der deutschen Energiepolitik keinen Stein auf dem anderen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel setzte die deutsche Energiewende gegen den Widerwillen der Energiekonzerne durch. Dieser war gewaltig, denn schließlich hatte sich Europas Wirtschaftsmacht zu einem der globalen Technologieführer aufgeschwungen. Doch das spielte keine Rolle, der Atomausstieg war beschlossene Sache und soll nun bis zum Jahr 2022 durchgezogen werden. Ab sofort gilt in Deutschland die volle Konzentration auf erneuerbare und nachhaltige Energie. Windkraft und Strom sollen Atomkraft und Kohle langfristig ersetzen. Doch spielt die Physik da überhaupt mit? Handelt es sich nicht nur um den Versuch, Wählerstimmen zu maximieren ohne die Basis, die eine gesicherte Stromversorgung nun einmal benötigt, sicherzustellen?
Ein Warnschuss gleich zu Beginn
Bereits im Jahr 2012 zeigte sich, dass sich die Praxis einfach nicht den theoretischen Überlegungen anschließen will. Im Winter 2012 kam es in Süddeutschland zu Strom-Engpässen. Deutschland musste ausgerechnet den südlichen Nachbar Österreich, der nur ein Zehntel der Einwohner hat, um dringende Stromlieferungen bitten. Österreich setzt auf Wasserkraft und hat auch in der Vergangenheit nie ein Atomkraftwerk betrieben.
Dieser Warnschuss hielt aber Umweltschützer nicht davon ab, weiter den raschen Ausbau von Wind- und Sonnenenergie zu fordern. Dies wurde in den nächsten Jahren auch zügig umgesetzt. Milliarden um Milliarden flossen in den Bau neuer Energieparks und die Förderung von erneuerbarer Energie, die preislich am Markt nicht mit den konventionellen Energieträgern mithalten kann. Deutschland hat damit viel Geld in die Entwicklung von Energieformen gesteckt, die in anderen, südlicheren Ländern besser genutzt werden kann.
Ohne Strom droht ein Rückfall in die Steinzeit
Energie ist längst ein essentieller Bestandteil unseres täglichen Lebens geworden. Würde der Strom im Zuge eines Blackouts tatsächlich mal länger ausfallen, hätte das große und kleine Katastrophen zur Folge. Sollte plötzlich das eigenen iPhone keinen Strom mehr haben und Pokemon Go oder die PokerStars App nicht mehr funktionieren, wäre das halb so schlimm. Besorgniserregender wäre da schon der Ausfall der gesamten Strom- und Wasserversorgung, wie von Bestseller Autor Marc Elsberg in seinem Buch Blackout eindrücklich beschrieben. Ein sorgsamer Umgang bei Umstellungen der verschiedenen Stromlieferanten an das Netz ist daher ausschlaggebend dafür, dass wir auch in Zukunft darauf vertrauen können, rund um die Uhr mit der kostbaren Energie versorgt zu werden.
Der Ökonom rechnet vor
Hans Werner Sinn gilt nicht nur als Deutschlands bekanntester, sondern auch als streitbarster Ökonom. Der Mann mit markantem Bart hat sich zwar 2016 als Chef des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung zurückgezogen, mit seiner Meinung über Fehlentwicklungen in seiner Heimat hält er aber deshalb noch lange nicht hinter dem Berg. Nach wie vor nimmt er öffentlich Stellung, wenn es darum geht, dass Fehlentscheidungen die Entwicklung von Deutschland möglicherweise schädigen könnten. So auch geschehen bei seinem Vortrag „Wie viel Zappelstrom verträgt das Netz? Bemerkungen zur deutschen Energiewende“, den er am 18. Dezember 2017 hielt. Die geschockte Öffentlichkeit musste erfahren, dass der weltweit anerkannte Wissenschaftler die deutsche Energiewende schlichtweg für Aktionismus und nach seinen Berechnungen für nicht durchführbar hält.
Video by ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. via YouTube
Seine Kritik richtet sich an den Glauben mit der Energiewende und dem damit verbundenen Vermeiden von Emissionen die Nachfrage nach Öl und Erdgas zu senken. Er zeigte auf, wie die Politik die aktuellen, ständig steigenden Energiepreise beeinflusst und bezweifelt die technische Umsetzbarkeit politischer Sonntagsreden. Strom kann schließlich nur kurzfristig gespeichert werden und muss zu jenem Zeitpunkt konsumiert werden, wo er produziert wird. Doch was passiert im Winter, wenn keine Sonne scheint, oder der Wind einfach ausfällt. Sinn weist darauf hin, dass Stromnetze hochsensible, „technische Organismen“ sind, die eine Basisversorgung benötigen. Fällt diese weg, kracht das Stromnetz zusammen und der Blackout ist perfekt. Diese Basisversorgung können derzeit nur Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke liefern. Das ist auch mit ein Grund warum nach dem Atomausstieg plötzlich wieder mehr Energie aus Kohlekraftwerken benötigt wird.
Vorsicht bei Experimenten
Stromnetze arbeiten in einem europaweiten Verbund, Störungen betreffen sofort alle Netzteilnehmer. Das konnte man vor einigen Monaten an einem kleinen Detail beobachten. Plötzlich gingen europaweit die Uhren um einige Minuten nach. Warum? Nun, viele Uhren orientieren sich an dem Takt der Stromnetze. Kleinste Schwankungen beim Einspeisen von Strom in die Netze hatten dazu geführt, dass es zu Unregelmäßigkeiten kam. Daran kann man schon gut erkennen, wie wichtig eine sichere Steuerung der Stromgewinnung und Einspeisung für alle Länder in Europa geworden ist. Deutschland hat einen Sonderweg gewählt, eine Insel der Seligen ist es deshalb aber noch lange nicht.